Salzburg – Das Tesla Model 3 hat ein Facelift erhalten. Der Verkaufsschlager des kalifornischen Elektroautopioniers wurde im Detail weiterentwickelt und verfügt jetzt über noch mehr Power und Reichweite. Ich war vier Tage mit der Topversion „Performance“ unterwegs, um diese ausgiebig für Euch zu testen…
Bekomme ich einen Tesla oder nicht? Die Frage war insofern spannend für mich, da Tesla laut Medienberichten angeblich keine traditionelle Pressearbeit mehr betreibe und auch keine Journalistenanfragen mehr beantworte. Erfreulicherweise machte ich genau die gegenteilige Erfahrung und konnte so mit dem Store in Salzburg und der Kommunikationsabteilung von Tesla einen Test vereinbaren.
An einem Freitagnachmittag durfte ich dann das Tesla Model 3 Performance in Wals bei Salzburg abholen. Nach einer kurzen Erklärung des Fahrzeugs ließ sich mein Smartphone problemlos mit dem Wagen verbinden und ich konnte es ab dann als kontaktlosen Schlüssel verwenden. Es fiel mir sofort auf, dass in diesem Auto etwas anders ist. Die gewohnte Instrumententafel hinter dem Lenkrad fehlt beim Model 3. Dafür sitzt mittig am Armaturenbrett ein 15 Zoll Touchscreen, über den nahezu alle Funktionen steuerbar sind. Dies ist zwar auch mit Sprachbefehlen möglich, trotzdem kam es mir etwas umständlich und daher gewöhnungsbedürftig vor.
SCHNELLSTES SERIENMÄSSIGES ELEKTROAUTO
Zuerst ging es auf die deutsche Autobahn, um das Model 3 Performance im höheren Geschwindigkeitsbereich zu testen. Die 200 km/h-Marke war schnell erreicht, bis zur Höchstgeschwindigkeit von 261 km/h war aufgrund des Verkehrsaufkommens etwas Geduld angesagt. Der Performance liegt mit seinem tiefergelegten Fahrwerk und den 20 Zoll Rädern satt auf der Straße. Auch aufgrund der jetzt doppelt verglasten vorderen Seitenscheiben dringen kaum Außengeräusche ins Wageninnere. Der ansonsten moderate Verbrauch geht im Bereich der Höchstgeschwindigkeit auf über 60 kWh/100 km hinauf (siehe Foto). Zuhause im Pillerseetal angekommen waren von den anfänglich 487 Kilometern Reichweite nach 260 gefahrenen gerade noch 31 Kilometer übrig. Der angezeigte Durchschnittsverbrauch von 25,3 kWh/100 km war angesichts der 200 sehr schnell gefahrenen Autobahnkilometer mehr als akzeptabel.
Beim Laden an der Steckdose konnte ich eine maximale Ladeleistung von 2,86 kW (220 V, 13 A) oder 17 km/h erzielen. Nach 14,5 Stunden bei einer Temperatur zwischen 1 und 3 Grad war der Akku wieder zu 51 Prozent geladen und eine Reichweite von 254 Kilometern wurde angezeigt. Beim Akku des überarbeiteten Model 3 konnte die Energiedichte um 5 Prozent gesteigert werden. Somit verfügt dieser jetzt über eine Kapazität von 82 kW von der 76 kW nutzbar sind. Damit sind in der Praxis bis zu 450 Kilometer Reichweite möglich. Die neue Wärmepumpe entlastet den Akku beim Heizen und trägt dazu bei, den Reichweitenverlust bei niedrigeren Temperaturen geringer zu halten. Sie reduziert den Stauraum im vorderen Kofferraum (Frunk) ein wenig, die Ladekabel sowie das Pannendreieck finden aber immer noch ausreichend Platz.
ÄNDERUNGEN UND VERBESSERUNGEN BEI DER INNENAUSSTATTUNG
Außen hat sich wenig geändert, beim überarbeiteten Model 3. Die bisher verchromten Zierleisten sind jetzt schwarz eloxiert und das Felgendesign ist neu. Dafür wurde im Innenraum an mehreren Stellen Hand angelegt. Die größte Veränderung fand an der Mittelkonsole statt, die jetzt in einem matten Schwarz gehalten ist und daher nicht mehr so kratzempfindlich und anfällig auf Fingerabdrücke wie der frühere Klavierlack. Ziernähte an den Seiten lassen sie jetzt hochwertiger wirken. Die vordere mit Alcantara bezogene Ablage für zwei Smartphones mit induktiver Ladevorrichtung hat keine Abdeckung mehr und ist so einfacher zugänglich.
Die Spaltmaße waren beim Testfahrzeug einwandfrei, hier hat Tesla ein früheres Problem offensichtlich in den Griff bekommen. Passend zu den Zierleisten ist die Einstiegsleiste jetzt auch in mattem Schwarz gehalten. Die Knöpfe für die Sitzverstellung sind zwar immer noch in Kunststoff ausgeführt, wurden aber optisch aufgewertet. Der für diese Klasse eigentlich selbstverständliche, abblendbare Innenspiegel ist beim Facelift endlich auch mit an Bord, das lang ersehnte, beheizbare Lenkrad noch nicht. Die bisher aus Kunststoff gefertigten Trackballs bestehen jetzt aus Metall.
Die hintere Kofferraumklappe hebt sich automatisch und wird auf Knopfdruck geschlossen. Dies kann direkt an der Klappe, über das Display oder die App erfolgen. Die Tesla-App wartet darüber hinaus mit umfangreichen Funktionen auf. Neben der Schlüsselfunktion kann das Fahrzeug damit geortet, der Ladevorgang gesteuert und überwacht, die Klimaanlage eingeschaltet und einige weitere Funktionen gesteuert werden. Das Herbeirufen des Model 3 hat bei mir nicht funktioniert.
AUTONOMES FAHREN NUR BEDINGT PRAXISTAUGLICH
Die Funktion des autonomen Fahrens ist für mich in der derzeitigen Entwicklungsstufe ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite unterstützt es beim Fahren und dient somit der Sicherheit, auf der anderen stresst es zeitweise aber mehr als konventionelles Fahren. Wie komme ich zu dieser Einschätzung? Um den Modus „Autonomes Fahren“ zu starten, zieht man den rechten Hebel an der Lenksäule zweimal nach unten. Einmaliges Ziehen aktiviert den abstandsabhängigen Tempomat. Das zunächst graue Lenkradsymbol verfärbt sich Blau und das Fahrzeug folgt wie von Geisterhand gelenkt dem Straßenverlauf. Es erkennt auch Verkehrzeichen und Ampeln. Automatische Spurwechsel auf der Autobahn können durch Blinken eingeleitet werden. Wenn während der Navigation die Funktion „Mit Autopilot navigieren“ aktiviert ist, fährt das Fahrzeug die gewählte Route und nimmt dabei selbstständig die richtige Fahrspur oder Abzweigung. Dies funktioniert grundsätzlich sehr gut, aber nicht durchgängig. Das Problem ist, dass man nicht voraussehen kann, wann die Funktion ausfällt und damit augenblicklich nicht mehr aktiv ist. Vor allem in schnelleren Kurven auf der Landstraße kann dies dann schnell stressig werden. Ein weiterer Punkt der die Praxistauglichkeit einschränkt ist, dass aufgrund der europäischen Rechtslage, alle 15 Sekunden leicht am Lenkrad gedreht werden muss, um dem System zu zeigen, dass man das Steuer in Händen hält. Zieht man etwas zu stark, wird das System deaktiviert. Sehr praxistauglich sind dagegen der Spurhalteassistent und der Tempomat mit Abstandsregelung, die verlässlich zur Sicherheit beitragen.
LADELEISTUNG BEI SUPERCHARGERN BLEIBT HINTER DEN ERWARTUNGEN
Am nächsten Tag fuhr ich vom Pillerseetal zum nächstgelegenen Tesla Supercharger, der sich im rund 20 Kilometer entfernten Kitzbühel befindet. Nach einer halben Stunde Fahrzeit erreichte ich diesen bei 5 Grad Außentemperatur mit 47 Prozent Akkuladung. Acht Minuten zuvor hatte ich den Standort des Superchargers von der App an das Auto geschickt und die Meldung „Batterie wird zum Schnellladen vorkonditioniert.“ erhalten. Seit einem Update im Jahr 2019 ist an diesen Schnellladestationen der zweiten Generation eine Ladeleistung von bis zu 150 kW möglich. Es war kein weiteres Fahrzeug angesteckt, ich versuchte es an zwei unterschiedlichen Zapfsäulen und konnte dabei maximal 48 kW erzielen. Auch wenn Tesla davon spricht, dass die Topwerte nur unter optimalsten Bedingungen erzielt werden können, war das doch ziemlich enttäuschend.
Am Nachmittag steuerte ich für einen weiteren Test mit dem Navigationssystem den Supercharger in Langkampfen an. Die Anfahrtszeit betrug eine Dreiviertelstunde, eine Vorkonditionierung des Akkus wurde nicht angezeigt. Die Außentemperatur war inzwischen bei Sonnenschein auf 14 Grad gestiegen, der Akku bei der Ankunft zu 55 Prozent geladen. Zu Beginn konnte ich kurzzeitig eine Ladeleistung von 55 kW erzielen, diese sank während des Ladevorgangs kontinuierlich bis auf 37 kW. Ein einige Ladesäulen weiter geparktes Model 3 lud mit 119 kW, bei einem Akkustand von rund 40 Prozent. Als mir Tesla auf Nachfrage bekannt gab, dass bei meinem Fahrzeug während des Ladevorgangs keinerlei technische Probleme vorlagen, war ich schon ein wenig erstaunt. Ich erhielt die Information, die niedrige Ladeleistung sei auf die geringe Temperatur des Akkus (11 Grad, optimal sei über 30 Grad) und den hohen Ladestand zu Beginn der Ladung zurückzuführen.
ATMEMBERAUBENDE BESCHLEUNIGUNG
Zu Beginn war mir die immense Beschleunigung etwas unheimlich, da sich bei mir dabei aufgrund der hohen Kräfte ein leicht unangenehmes Gefühl einstellte. Dies verflog aber ziemlich bald und dann genoss ich jeden einzelnen der Katapultstarts. Die lineare Kraftentfaltung des Elektroantriebs ohne jegliche Unterbrechung war jedes Mal wieder beeindruckend. 513 PS und 660 Nm beschleunigen das Geschoss im Idealfall in 3,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Dieser Wert liegt in Bereich von Superbikes, wie zum Beispiel der Ducati Panigale V4. Erst von 100 auf 200 km/h hat das Zweirad die Nase dann deutlich vorne. Das Tesla Model 3 Performance nimmt sich dafür rund 11 Sekunden Zeit, das Superbike erledigt dies in knapp vier. Ich schaffte bei meinem Test mit Winterreifen und kühler Außentemperatur den Sprint von 0 auf 100 km/h in immerhin 3,7 Sekunden. Aber seht selbst in nachfolgendem Video…
ARMIN ON BIKE CONCLUSIO
Tesla hat seinen Besteller Model 3 behutsam überarbeitet und im Detail verbessert. Bei der Verarbeitungsqualität ist zwar noch etwas Luft nach oben, man ist aber auf einem guten Weg. Die Fahrleistungen des derzeit schnellsten, serienmäßigen Elektroautos sind im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Trotzdem hält sich der Verbrauch auch bei etwas forscherer Gangart in Grenzen. Im Schnitt bin ich mit 17,2 kWh/100 km ausgekommen, was hinsichtlich des Gebotenen ein sehr guter Wert ist. Zusammen mit dem 82 kWh-Akku ist das Model 3 auch auf Langstrecken ohne größere Entbehrungen einsetzbar, zumal die Supercharger der neuesten Generation eine Ladeleistung bis zu 250 kW versprechen. Wünschenswert wäre, dass hohe Ladeleistungen nicht nur unter optimalsten Bedingungen möglich sind, da man dadurch beim Einsatz noch flexibler wäre. Der Preis des Model 3 Performance startet in Österreich bei 63.370 Euro abzüglich Förderungen. Dafür bekommt man wohl das derzeit technologisch ausgereifteste Elektroauto am Markt und eine Portion Sportwagenfeeling noch dazu.
Text, Fotos und Video: Armin Hoyer – arminonbike.com