23. August 2024 Armin Hoyer

Traumhaft elektrisch? | Sportlimousine BYD Seal im Test

Der BYD Seal ist eine rein elektrisch angetriebene Sportlimousine.

Pillerseetal | Tirol – Mit der elektrischen Sportlimousine Seal ist BYD ein sehr ausgereiftes Auto gelungen. Am Heimmarkt China bereits eine fixe Größe, ist der Hersteller seit einem Jahr auch in Österreich erfolgreich vertreten. Ein ausführlicher Test sollte zeigen, warum sich der BYD Seal auch hierzulande wachsender Beliebtheit erfreut …

„BYD“ steht für „Build Your Dreams“. In unseren Breiten noch eher unbekannt, ist der chinesische Autobauer aus Shenzhen global bereits sehr erfolgreich. Im vierten Quartal 2023 wurde mit über einer halben Million verkaufter Elektroautos erstmals Tesla überholt. In Österreich erst vor einem Jahr gestartet, liegt BYD im ersten Halbjahr 2024 beim Marken-Ranking der Elektroautos bereits an dritter Stelle – 1.834 BYD (683 davon vom Modell Seal) rollten in diesem Zeitraum auf die Straße. Inwieweit der BYD Seal in der Lage ist, die Träume der Autofahrer zu erfüllen, sollte ein ausführlicher Test zeigen.

Der erste Eindruck ist vielversprechend. Das Design des BYD Seal wirkt sportlich elegant. Die Front mit dem markant X-förmig angeordneten Tagfahrlicht und den zur Mitte spitz zulaufenden Full-LED-Schweinwerfern strahlt Dynamik aus und erinnert an die Silhouette eines Sportwagens. Dieser Look setzt sich beim coupéartigen Dachverlauf fort. Das klare Design kommt mit wenig Schnörkel aus. Die angedeuteten Kiemen am vorderen Kotflügel und im Schweller sind Teil des BYD-Ocean-Designs. Den sportlichen Abschluss bildet ein ausgeprägter Heckdiffusor.

WIE FÄHRT SICH DIE SPORTLICHE E-LIMOUSINE?

Der BYD Seal basiert auf der hauseigenen E-Plattform 3.0. Die exakt 4,8 Meter lange Mittelklasse-Limousine verfügt über eine sogenannte Blade-Batterie mit einer Kapazität von 82,5 kWh. In dieser steckt die Erfahrung von mehr als zwei Jahrzehnten Forschung. Der Lithiumeisenphosphat-Akku ist gegenüber herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus robuster sowie langlebiger und kommt dabei ganz ohne Kobalt, Nickel, Mangan und Cadmium aus. Die Batterie des BYD Seal ist in die Fahrzeugstruktur integriert und trägt damit zur Torsionssteifigkeit des gesamten Fahrzeugs bei. Dies verbessert auch das Handling. Der Stromer liegt satt auf der Straße und meistert spurstabil jede Richtungsänderung. In schneller gefahrenen Kurven kann das Heck schon mal leicht nach außen drängen, bleibt dabei aber stets gut kontrollierbar.

Der Permanentmagnet-Synchronmotor an der Hinterachse leistet 230 kW (313 PS) und liefert ein maximales Drehmoment von 360 Nm. Damit zieht der BYD Seal kräftig und gleichmäßig an. Die Beschleunigung des Zweitonners ist für ein Elektroauto aber nicht als brachial zu bezeichnen, in 5,9 Sekunden sind die 100 km/h erreicht. Der in der Praxis wichtige Durchzug ist sehr gut, Überholmanöver sind in kürzester Zeit erledigt. Die drei Fahrmodi Eco, Normal und Sport bieten dabei eine Leistungsabstufung. Schluss mit dem Vortrieb ist bei 180 km/h. Die Rekuperation kann in zwei Intensitätsstufen eingestellt werden. Ich habe die stärkere Stufe als recht angenehm empfunden, da in diesem Fall das Betätigen des Bremspedals bei vorausschauender Fahrweise nur selten erforderlich ist.

AUCH IM INNENRAUM ÜBERZEUGT DER BYD SEAL

Beim Entriegeln auf Knopfdruck fahren die versenkbaren Türgriffe aus und laden damit zum Einsteigen ein. Der elektrisch verstellbare Fahrersitz fährt automatisch einige Zentimeter zurück und ermöglicht dadurch ein noch komfortableres Platz nehmen. Die Sportsitze mit integrierten Kopfstützen sind perforiert und bieten auch eine Belüftungsmöglichkeit. Der Kühleffekt war vor allem an den heißen Sommertagen während des Tests sehr willkommen.

Auf der geschwungenen Mittelkonsole sind wichtige Schalter und Informationen kreisrund angeordnet. Mittig befindet sich der Fahrstufenwahlhebel. Alles wirkt vom Material und der Optik her sehr hochwertig. Darunter und in der Mittelarmlehne befinden sich große Ablageflächen, dazwischen ein Becherhalter. Ablagen sind daher ausreichend vorhanden und in der Mittelkonsole können zwei Smartphones gleichzeitig induktiv geladen werden. Die glatte Oberfläche führte hin und wieder zum Verrutschen des Telefons. In der Ablage darunter sind alle gängigen Stromanschlüsse zu finden.

Bestimmendes Element am Armaturenbrett ist der 15,6 Zoll große Touchscreen der elektrisch auf Knopfdruck um 90 Grad gedreht und damit auch im Hochformat verwendet werden kann. Wie die gesamte Klimatisierung sind auch die Lüftungsdüsen nur über den Screen zu steuern, können dafür aber wie bei einem Ventilator automatisch geschwenkt werden. Als Kombiinstrument dient ein 10,25-Zoll-Display, welches alle wichtigen Informationen zur Fahrt bereithält. Die Platzverhältnisse im Innenraum sind sehr gut. Auf der hinteren Sitzbank ist die Beinfreiheit für ein Mittelklassefahrzeug außergewöhnlich großzügig ausgefallen. Das Kofferraumvolumen liegt beim BYD Seal mit 400 Litern im Klassendurchschnitt und kann durch asymmetrisches Umklappen der Rücksitzbank erweitert werden – ein doppelter Boden im hinteren Bereich ermöglicht das Verstauen des Ladekabels. Vorne unter der Motorhaube steht noch ein weiterer Stauraum mit 53 Litern zur Verfügung.

VERBRAUCH, REICHWEITE UND REISETAUGLICHKEIT DES BYD SEAL

Der Test fand größtenteils im Bezirk Kitzbühel statt. Im Alltag verbrauchte der BYD Seal auf Landstraßen und durch Ortschaften im Schnitt 16,5 kWh/100 km. Mit einer Batteriekapazität von 82,5 kWh ermöglicht dies eine komfortable Reichweite von 500 Kilometern. Auf der Autobahn genehmigte sich der Stromer bei 130 km/h rund 22 kWh/100 km. Damit reicht eine Akkuladung für 375 Kilometer und die Langstreckentauglichkeit ist voll gegeben.

An der 350 kW-IONITY-Ladestation bei der OMV-Tankstelle in Angath gestaltete sich der Ladevorgang äußerst positiv. Während einer Kaffeepause lud der BYD Seal mit einer maximalen Ladeleistung von 151,5 kW in 24:50 Minuten von 29 auf 80 Prozent SoC auf. Zu Testzwecken lud ich weiter bis 100 Prozent. Dies war nach weiteren 22:47 Minuten erledigt. Für die Bezahlung stand mir diesmal eine Shell Recharge Ladekarte zur Verfügung, mit der man österreichweit mehr als 18.000 Ladepunkte nutzen kann. An der 150 kW-TIWAG-Ladestation in Oberndorf lag die maximale Ladeleistung bei knapp 130 kW. Vom Pillerseetal aus ist das die nächstgelegene Schnellladestation. In ebenfalls sehr praxistauglichen 34:45 Minuten konnte ich von 10 auf 80 Prozent aufladen. Beim Gemeindeamt in Kirchberg befindet sich eine weitere 150 kW-Schnellladestation dieses Anbieters.

Der BYD Seal beeindruckte mich beim Gleichstromladen weniger mit der maximalen Ladeleistung, sondern vielmehr damit, dass diese bis zu einem Akkustand von rund 50 Prozent am Höchstwert gehalten wurde. Bis 65 Prozent SoC waren es noch 120 kW und bis zum Ende bei 80 Prozent 80 kW. Auch bei einem Ladestart mit halbvollem Akku erreichte die Ladeleitung an der 150 kW-Ladestation beachtliche 127 kW und ich konnte von 50 auf 80 Prozent SoC in 17:20 Minuten laden. BYD gibt für Gleichstromladen eine maximale Ladeleistung von 150 kW und für Wechselstromladen 11 kW an.

Wechselstromladen ist naturgemäß die langsamere, dafür aber auch schonendere Art zu laden und aufgrund der geringen Dichte an Schnellladern im Bezirk und für das Laden zu Hause auch eine durchaus relevante. An der 22 kW-TIWAG-Ladestation in Oberndorf erzielte ich eine Ladeleistung von 10 kW. Bei 50 Prozent Akkustand zeigte die Anzeige des BYD Seal eine verbleibende Ladezeit von 4:15 Minuten an. Hochgerechnet dauert eine volle Ladung damit 8:30 Stunden. Zu Hause an der Wallbox wird es ähnlich sein.

ARMIN ELECTRIC CONCLUSIO

Der chinesische BYD Seal bietet mit all seinen Eigenschaften auch für den europäischen Markt ein sehr stimmiges Paket. Die bisherigen Verkaufszahlen belegen dies. Das Design ist sehr gelungen und zieht die Blicke der Passanten immer wieder auf sich. Die Fahrleistungen sind im Alltag vollkommen ausreichend. Wer es noch sportlicher möchte, kann auf die nur unwesentlich teurere Allradversion mit 390 kW (530 PS) zurückgreifen, die auch über ein adaptives Fahrwerk verfügt. Dieses kann von Vorteil sein, da sich die Fahrwerksabstimmung des getesteten Modells in manchen Situationen etwas zu weich anfühlte. Verbrauch und Reichweite sind top, die Ladeleistung könnte etwas höher sein. Im Hinblick auf die Fahrerassistenzsysteme wird serienmäßig ein umfangreiches Paket mit allen derzeit gängigen Systemen angeboten.

Der getestete BYD Seal Design RWD kostet in Österreich vor Abzug von Förderungen 48.380 Euro. Um nur 3.000 Euro mehr gibt es das leistungsstärkere und etwas besser ausgestattete Allradmodell. Die Vollausstattung beider Modelle macht eine Aufpreisliste überflüssig. Der BYD Seal liegt preislich knapp unter dem Tesla Model 3 sowie deutlich unter dem BMW i4 und stellt damit insgesamt ein sehr attraktives Angebot dar.

23.08.2024 | Text und Fotos: Armin Hoyer – arminelctric.com

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