Zillertal | Tirol – Panoramastraßen sind immer ein besonderes Erlebnis für mich. So nutzte ich einen herrlichen Tag im Juni, um mit der überarbeiteten BMW R nineT die Zillertaler Höhenstraße kurz nach der Wiedereröffnung zu erkunden und mir das Retro-Bike für Euch ein wenig genauer anzuschauen…
Die Anfang der 6oer Jahre erbaute Zillertaler Höhenstraße liegt in den Tuxer Alpen am Beginn des Zillertals. Sie diente zu Beginn den Bauern zur Bewirtschaftung der Almen sowie zur Errichtung von Lawinenschutzeinrichtungen und Wildbachverbauungen. Aufgrund des herrlichen Panoramablicks wurde die zunächst einfache Schotterstraße wenige Jahre später auch für touristische Zwecke geöffnet. Heute verfügt die 48 Kilometer lange, durchgehend asphaltierte Mautstraße von Ried im Zillertal bis Hippach über fünf Auffahrten.
Meine Anreise aus dem Pillerseetal erfolgte ab Wörgl über die Inntalautobahn. Bei Wiesing fuhr ich ab, überquerte den Inn, um durch den Brettfalltunnel ins Zillertal zu gelangen. Kurz vor Ried verließ ich die Zillertal Straße und bog bei der ersten Ampel rechts in Richtung Ortszentrum ab. Zuerst dem Straßenverlauf folgend und dann beim Wegweiser „Zillertaler Höhenstraße Auffahrt Ried i. Z.“ rechts. Die schmale Straße schlängelt sich in mehreren Kehren den Berg hinauf. Sie verläuft abwechselnd im Wald und entlang von Wiesen bis zur Mautstelle Nord auf 1.380 Metern. Damit war der nördlichste Punkt der Scheitelstrecke erreicht, die an der westlichen Hangseite des Zillertals verläuft.
TECHNISCHER FEINSCHLIFF
Der Zweizylinder-Boxermotor der R nineT mit 1.110 cm³ stellt schon ab 2.000 U/min ordentlich Kraft zur Verfügung und so konnte ich immer wieder flott aus den Kurven und Kehren heraus beschleunigen. Die Zylinderköpfe wurden überarbeitet. Außen an den leicht geänderten Kühlrippen zu erkennen, wurde innen das Turbulenzsystem geändert, wodurch es zu einer noch besseren und saubereren Verbrennung kommt. Dies sorgt vor allem zwischen 4.000 und 6.000 U/min für mehr Leistung und Drehmoment, wodurch der Durchzug verbessert werden konnte.
Weiter führte mich mein Weg zuerst steil bergauf durch ein paar Kehren und dann nur noch leicht ansteigend entlang einiger Berggasthöfe. Nach zehn Kilometern Fahrt war beim Speicherteich Mizun auf 1.800 Metern der höchste Punkt des nördlichen Teils der Panoramastraße erreicht. Von dort ging es wieder bergab. Die Bremsen der R NineT packen kräftig zu und sind jetzt serienmäßig mit Kurven-ABS und einem dynamischen Bremsassistenten ausgestattet, der bei Notbremsungen verhindert, dass ungewollt das Gas betätigt wird. Weiters wird im Ernstfall das Motordrehmoment verringert und gleichzeitig die Bremsleistung am Hinterrad erhöht. Vorbei an der Bärenbadalm kam ich bald an eine Straßengabelung, bei der auf 1.470 Metern die Auffahrt Aschau in die Straße mündet.
Der Fahrkomfort ist bei dem Roadster sehr ausgewogen, die Sitzposition entspannt. Das Bike lenkt bereitwillig in Kurven ein und bleibt dabei sehr stabil. Vom straffen Fahrwerk erhält man eine gute Rückmeldung. Es verfügt über ein neues Federbein mit wegabhängiger Dämpfung, bei dem die Federvorspannung mit einem Handrad bequem eingestellt werden kann. Die schräglagenabhängige Traktionskontrolle und die Motorschleppmomentregelung sorgen für noch mehr Fahrsicherheit.
WUNDERBARER AUSBLICK AUF ZAHLREICHE DREITAUSENDER
Es ging wieder bergauf und nach einigen Kehren war die Hirschbichlalm auf 1.840 Metern erreicht. Nach einem kurzen Bergabstück steigt die Straße dann wieder kontinuierlich an, um auf 2.040 Metern den höchsten Punkt der Zillertaler Höhenstraße zu erreichen. 20 Meter tiefer liegt unterhalb des Arbiskopf der Aussichtspunkt Melchboden. Von dort bot sich mir ein wunderbarer Blick auf die Zillertaler Alpen, deren höchster Gipfel der Hochfeiler mit 3.509 Metern ist. Auf dem Foto ganz im Hintergrund ist der Olperer zu erkennen. Mit 3.476 Metern der höchste Punkt des Tuxer Hauptkamms. Nach kurzer Einkehr in der Jausenstation Melchboden ging es auf die lange Abfahrt. Nach unzählige Kehren und vorbei an der Mautstelle Süd auf 1.730 Metern war nach 14 Kilometern das Tal in Hippach wieder erreicht. Zurück ging es auf der Zillertaler Straße hinaus aus dem Tal. Wieder auf der Autobahn, teste ich den Tempomaten. Die Steuerungseinheit dafür ist im oberen Bereich der linken Lenkerarmatur angebracht. Den großen Schalter nach rechts geschoben und schon ist das System aktiv. Jetzt nur noch den kleineren Hebel leicht nach vorne drücken und schon ist die aktuelle Geschwindigkeit übernommen. Mit diesem Hebel kann auch die Geschwindigkeit eingestellt werden. Bremsen, Kuppeln und Gas zurücknehmen über die Grundstellung hinaus, deaktiviert die Temporegelung wieder.
LIEBE ZUM DETAIL
Zuhause angekommen, nahm ich die R9T etwas genauer unter die Lupe. Die Liebe zum Detail ist bei diesem Bike besonders ausgeprägt. Die Verarbeitungsqualität ist erstklassig. Es beginnt bei den klassischen Rundinstrumenten, die neben Geschwindigkeit und Drehzahl alle wichtigen Informationen auf zwei LCD-Displays anzeigen. Der Rundscheinwerfer mit integriertem Tagfahrlicht ist mit modernster LED-Technik und adaptivem Kurvenlicht ausgestattet. Die aufwendige Lackierung des von mir getesteten Motorrads mit dem Zusatz „Option 719“ besteht aus mattem Schwarz, Aluminium und Rot. Besonders hochwertig wirken die Tankoberfläche aus gebürstetem Aluminium und die sichtbaren Schweißnähte. Der serienmäßige Akrapovič Endschalldämpfer passt hier wunderbar ins Bild. Zur zusätzlichen Individualisierung werden mehrere Frästeilpakete direkt ab Werk angeboten.
ARMIN ON BIKE CONCLUSIO
Die Zillertaler Höhenstraße ist immer eine Reise wert und mit der BMW R nineT ein richtiges Vergnügen. Die Maut für ein Motorrad beträgt gerade einmal fünf Euro. Es ist eine Freude mit dem Bike niedertourig mit stets ausreichend Kraft durch die Berglandschaft zu cruisen und den Ausblick auf die zahlreichen Dreitausender der Zillertaler Alpen zu genießen. Besonders zu empfehlen ist der Teil zwischen Zell am Ziller und Hippach, der hinaufführt zum Melchboden. Dort ist das Bergpanorama entlang der Straße am eindrucksvollsten. Die behutsamen Änderungen haben der R nineT sehr gut getan, die neuen Lackierungen verleihen ihr einen frischen Look. Der Preis beginnt in Österreich bei 18.700 Euro. Mit der exklusiven Farbkombination und einigen technischen Extras kommt sie auf 20.849 Euro. Alles in allem ein angemessener Preis für dieses sehr hochwertige Motorrad.
Text und Fotos: Armin Hoyer – arminonbike.com