Spielberg | Red Bull Ring – Ziel von Weltmeister Marc Márquez war es, am Schluss des MotoGP-Rennens gemeinsam mit einer Ducati in Führung liegend um den Sieg zu kämpfen. Dass es jene von Jorge Lorenzo sein und er in der letzten Kurve nicht mehr in Schlagdistanz liegen werde, war dann schon etwas überraschend für ihn…
Den Start erwischte Ducati-Werksfahrer Andrea Dovizioso mit seiner Desmosedici GP (Bereifung vorne und hinten: Medium) am besten. Aber schon in Kurve 3 überholte ihn Marc Márquez innen. Dabei schnitt er ihm die Linie derartig ab, dass Dovi beim Vermeiden einer Kollision viel Geschwindigkeit einbüßte. Jorge Lorenzo nutze das Duell vor ihm, um an beiden vorbeizuziehen. Dovizioso fiel durch das Manöver auch kurzzeitig hinter den Suzuki EcstarTeam Rider Alex Rins zurück, der vom zehnten Startplatz nach vorne gekommen war.
Es ging jetzt Schlag auf Schlag. In Runde 2 konnte sich Marc in der „Remus“ (Kurve 3) an die Spitze setzen und sich von dort weg mit einer „Schnellsten Runde“ nach der anderen von den anderen absetzen. Das Ducati Werksteam konnte ihm folgen, der Rest des Feldes hatte schon einen Respektabstand. Crutchlow, Petrucci und Rins kämpften dahinter verbittert um Platz 4, dabei ging es auch um die Spitzenposition der Fahrer aus unabhängigen Teams.
Marc flog auf seiner Honda RC213V (Bereifung vorne: Medium, hinten: Hard) allen anderen auf und davon, mit dem Ziel, endlich seinen ersten Sieg beim Grand Prix von Österreich einzufahren. Die Ducati´ konnten ihn in dieser Phase des Rennens nicht halten. Er fuhr bis zu einer halben Sekunde schneller pro Runde als der Zweitplatzierte Jorge Lorenzo und konnte sich über eine Sekunde von diesem absetzen. Dovi machte in der Zwischenzeit immer mehr Druck auf Jorge, kam aber nicht an diesem vorbei und wurde so von diesem aufgehalten.
Ab der zehnten Runde konnten die Ducati´ den Zeitabstand zu Márquez wieder verringern. Dieser pendelte sich dann über mehrere Runden rund um eine halbe Sekunde ein. Der Abstand zum restlichen Feld hatte sich in dieser Phase des Rennens bereits auf mehr als fünf Sekunden vergrößert. Elf Runden vor Schluss konnte Jorge mit der schnellsten Runde nahezu zu Marc aufschließen und es begann das Battle um den Sieg. Eine Runde später konnte er am Ende der Start Zielgeraden wieder an die Spitze gehen. Der erbitterte Kampf um den Sieg zwischen den beiden Piloten war jetzt voll im Gange. Andrea hatte sich dabei in Kurve 1 etwas verbremst und musste „weit gehen“. Damit tat sich eine kleine Lücke zu den beiden Spitzenreitern auf.
Jorge Lorenzo konnte in Führung liegend die überlegene Motorleistung und Bremsstabilität seiner Ducati Desmosedici GP (Bereifung vorne und hinten: Soft) optimal nutzen, um sich leicht von Marc abzusetzen. Acht Runden vor Schluss fuhren beide Ducati´ zwei Zehntelsekunden schneller als die Werks-Honda. In den letzten 5 Runden lieferten sich die beiden Spanier und Teamkollegen des nächsten Jahres bei Honda dann einen faszinierenden Schlagabtausch. Dovi konnte das Tempo nicht mehr halten und fiel fast zwei Sekunden hinter das Duo zurück. Marc kam seinem Landsmann immer näher, ein Fehler von Jorge beim Anbremsen von Kurve 3 erlaubte es ihm drei Runden vor Schluss noch einmal an die Spitze zu gehen.
Mit dem Desmo-Power seiner Ducati heraus aus Kurve 8 konnte Jorge wieder zu Marc aufschließen und ihn in der nachfolgenden Kurve mit einem aggressiven Manöver überholen. Marc wurde dabei ähnlich wie auf einem Rodeo Pferd auf seiner Honda hin und her geschüttelt, blieb aber fest im Sattel. In Kurve 3 war wieder Marc vorne, der Schlagabtausch und damit die Spannung stiegen ins Unermessliche. In diesem Moment sah es gar nicht danach aus, dass Márquez wegen der WM taktierte, vielmehr wollte er unbedingt den Sieg. Auf der Start-Zielgerade überholte Jorge wieder, diesmal mit leichtem Körperkontakt bei über 300 km/h.
In der letzten Runde scheiterte der neuerliche Angriff von Marc in Kurve 3. Indem er außen fuhr verhinderte Jorge, dass ihm Marc die Linie abschnitt und hatte so beim Herausbeschleunigen aus der Kurve diesmal entscheidend die Nase vorne. Marc kam zwar dann wieder etwas näher, schaffte es diesmal aber nicht wie im letzten Jahr in der letzten Runde so nahe an seinen Vordermann heranzukommen, um einen letzten allesentscheidenden Angriff starten zu können. Und so siegte auch im dritten Rennen nach der Rückkehr der Motorrad-Weltmeisterschaft in die Steiermark eine Ducati – „Austria is Ducati Land“. Diesmal vor offiziellen 206.746 begeisterten Zuschauern am gesamten Rennwochenende. Jorge Lorenzo ist heuer nach Andrea Dovizioso im Vorjahr und Andrea Iannone 2016 bereits der dritte Ducati-Sieger hier in Spielberg in den letzten drei Jahren.
Wie auch schon in Brünn hat dieses Rennen gezeigt, dass es auf Strecken, bei denen die Motorleistung ausschlaggebend ist, sehr schwer zu gewinnen ist für Marc Márquez, dem amtierenden Weltmeister und mit bereits großem Abstand in der heurigen WM Führenden. Ducati ist mit seiner Desmosedici GP auf solchen Strecken derzeit kaum zu schlagen. In zwei Wochen geht es in Silverstone weiter. Ich bin schon gespannt, wie der aktuelle Dreikampf zwischen den beiden Ducati-Werkspiloten und dem Honda-Werksfahrer dort weitergehen wird.
Text und Fotos: Armin Hoyer – arminonbike.com