Salzburg – Die zweite Auflage des Opel Mokka kommt in wesentlich pfiffigerem Gewand daher als die Erstausgabe. Beim Antrieb steht neben Benziner und Diesel erstmals bei Opel direkt ab Marktstart eine rein elektrische Variante zur Verfügung. Diese konnte ich einige Tage lang ausgiebig in Salzburg, Tirol und Bayern testen…
Der Fahrzeughändler ÖFAG (Österreichische Fahrzeugbau GmbH) bietet im Bundesland Salzburg an vier Standorten Automobile der Marken Opel, Nissan und Toyota an. Ich durfte mir einen Opel Mokka-e in der Farbe „Matcha Grün“ in der ÖFAG-Zentrale in der Stadt Salzburg zum Testen abholen. Die Farbe ist richtig erfrischend und kostet nicht mal extra. In Verbindung mit dem schwarz lackierten Dach und weiteren schwarzen Akzenten wie den 18-Zoll-Bicolor-Leichtmetallfelgen ist der smarte Stromer eine richtig stylische Erscheinung. Am Weg zurück ins Pillerseetal konnte ich die ersten Fahreindrücke sammeln. Der Elektromotor des Mokka-e leistet 136 PS/100 kW und verfügt über ein Drehmoment von 260 Nm. Er beschleunigt den 1.558 kg schweren Wagen in 9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Kein sportlicher, aber vollkommen ausreichender Wert. Aufgrund des Mehrgewichts von rund 300 Kilogramm gegenüber dem Benziner, kann er diesen bei gleicher Leistung trotz E-Antrieb im Sprint nicht abhängen.
Das Fahrwerk ist straff ausgelegt, ohne dabei unkomfortabel zu sein. Aufgrund der im Wagenboden eingebauten Batterie liegt der Schwerpunkt tief und verleiht dem Wagen auch mit der höhergestellten SUV-Bauform eine hervorragende Straßenlage. Hohe Kurvengeschwindigkeiten sind damit in Kombination mit uneingeschränkter Spurstabilität möglich. Der Mokka-e verfügt über die drei Fahrmodi Normal, Eco und Sport. Der Sport-Modus macht das Ansprechverhalten agiler, im Eco-Modus arbeiten alle Systeme im Fahrzeug so energieeffizient wie möglich. Mit einer Taste in der Mittelkonsole kann die Rekuperation verstärkt werden, wodurch die Bremswirkung beim Loslassen des Fahrpedals erhöht wird. Damit erspart man sich bei vorausschauendem Fahren oft das Betätigen des Bremspedals. Bei Dunkelheit sorgt das adaptive LED-Matrix-Licht mit 14 Elementen für optimale Ausleuchtung. Dauerfernlicht ist möglich, da die einzelnen LED-Elemente in Sekundenbruchteilen auf andere Fahrzeuge reagieren, sodass diese nicht geblendet werden.
ZU HAUSE AN DER STECKDOSE LADEN
Das Laden an der Haushaltssteckdose funktioniert aus meiner bisherigen Erfahrung mit einer Ladeleistung zwischen 1,5 und 2,5 kW. Mit dem serienmäßigen Ladegerät lag diese beim Mokka-e mit 1,3 kW zwar deutlich unter dem Schnitt, aber dabei nicht so niedrig, wie der fälschlich im Dashboard angezeigte Wert von 6 km/h vermuten hätte lassen. In 15 Stunden und 19 Minuten konnte ich den 50 kW-Akku von 42 auf 85 Prozent aufladen und einen prognostizierten Reichweitengewinn von 166 Kilometern erzielen. Dies bedeutete eine rechnerische Ladeleistung von 10,8 km/h. Dieser Wert und die Restladezeit sind die einzigen angezeigten Werte, die über die Ladeperformance Auskunft geben. Zusätzlich wünschenswert wäre eine Anzeige der Ladeleistung in kW und die bereits geladene Energiemenge. Gegen Aufpreis gibt es ein verstärktes Mode-2-Ladekabel, mit dem eine maximale Ladeleitung von 3,2 kW möglich sein soll. Vorzeitig beendet werden kann der Ladevorgang durch Drücken der Taste links neben dem Ladeport.
TYP-2-LADEN MIT NAHEZU 11 kW
Am Tag davor kam ich in Kitzbühel zu meinem ersten Ladestopp. Zusammen mit der Restreichweite hatte die Akkuladung für 245 Kilometer gereicht. An einer Typ-2-Ladestation lud ich mit dem optional erhältlichen 11 kW-Typ 3-Ladekabel und erzielte dabei eine Ladeleistung von 10,2 kW. Dazu ist auch der aufpreispflichtige 3-phasige 11kW-Onboard-Charger mit zusätzlichem Combo-Anschluss für Gleichstromladen erforderlich. Serienmäßig ist nur eine 1-phasige Ladeeinheit mit 7,4kW im Fahrzeug verbaut. Da eine vollkommene Ladung auf diese Art und Weise rund fünf Stunden dauert, war die angezeigte Ladeleistung von 64 km/h zumindest in Bezug auf die theoretische WLTP-Reichweite von 324 Kilometern diesmal ein realistischer Wert.
INNENAUSSTATTUNG UND INFOTAINMENT
Das Aufsperren und Starten erfolgt „keyless“. Man nimmt Platz auf den straffen aber dabei nicht unkomfortablen Sitzen, die mit Alcantara und hochwertigem Kunstleder bezogen sind. Die Materialanmutung im Innenraum wirkt insgesamt sehr ansprechend. Die hintere Sitzreihe bietet nicht allzu großen Personen ausreichend Platz. Der Mokka ist der erste Opel mit einem volldigitalen Cockpit. In der getesteten Topversion „Ultimate“ verfügt er serienmäßig über ein farbiges 12-Zoll-Fahrerinfodisplay und ein mittig am Armaturenbrett angebrachtes 10-Zoll-Touchscreen-Farbdisplay. Das Smartphone wird über Bluetooth verbunden und kann in der Mittelkonsole induktiv geladen werden. Lediglich die Nutzung von Apple CarPlay oder Android Auto erfordert eine Kabelverbindung.
Bei der Anzeige auf der digitalen Instrumententafel kann zwischen mehreren Ansichten gewechselt werden. Über das Display in der Mitte werden Infotainment, Klimatisierung und weitere Fahrzeugeinstellungen gesteuert. Die einzelnen Funktionen lassen sich auch in der darunterliegenden Tastenreihe mit mittiger Lautstärkeregelung umschalten. Für die Klimatisierung steht ein eigenes Panel mit Tasten und Drehreglern zur Verfügung. Der Kofferraum mit doppeltem Ladeboden verfügt beim Mokka-e über ein Volumen von 310 Liter, das mittels Umlegen der geteilten Rücksitzbank auf 1.060 Liter erweitert werden kann. Dabei entsteht eine durchgängig ebene Ladefläche.
Mit der App „My Opel“ ist es möglich, das Laden und die Klimatisierung über das Smartphone zu steuern und zu überwachen. Darüber hinaus werden der aktuelle Standort des Fahrzeugs angezeigt und bisherige Fahrten aufgezeichnet. Etwas nachteilig bei der Nutzung war, dass ich bei jedem Einschalten des Smartphones die Verbindung der App zum Fahrzeug freigeben und diese auch immer wieder mal neu starten musste, da sie nicht mehr reagierte.
INNOVATIVE ASSISTENZSYSTEME
Ein über das Lenkrad einstellbarer Tempomat regelt und passt die Geschwindigkeit an. In Kombination mit dem automatischen Geschwindigkeitsassistenten hält der Mokka-e mit Hilfe von Kamera- und Radardaten die Distanz zum vorausfahrenden Fahrzeug. Der Sicherheitsabstand kann dabei in drei Stufen eingestellt werden. Verkehrszeichen werden erkannt und Tempolimits auf Tastendruck übernommen. Das System bremst das Fahrzeug im Bedarfsfall bis zum Stillstand und fährt im Anschluss wieder automatisch los, was vor allem im Stadtverkehr ein praktisches Feature darstellt. Immer aktiv ist der Frontkollisionswarner, der im Ernstfall auch eine Notbremsung einleiten kann. Die Totwinkelwarner in den Rückspiegeln informieren über Fahrzeuge die sich von schräg hinten nähern und daher nicht gesehen werden können.
Der aktive Spurhalteassistent hält das Fahrzeug durch automatisches Lenken in der Fahrspur. Sobald diese Funktion an ihre Grenzen gelangt, schaltet sie sich ab. Dies passierte mir mehrmals in engeren Kurven. Daher ist es wichtig, die Hände immer am Lenkrad zu halten. Sollte man dies nicht tun, meldet sich das System umgehend mit einer Warnung. Auch beim Einparken stehen viele, nützliche Helferlein zur Seite. Mit Sensoren rund um das gesamte Fahrzeug, einer Panorama-Rückfahrkamera sowie der Möglichkeit des automatischen Einparkens ist alles mit an Bord, was derzeit State of the Art ist.
DIE AUTOBAHN FORDERT IHREN TRIBUT
Nach dem Laden über Nacht zu Hause an der Steckdose ging es in der Früh mit 85 Prozent SoC (State of Charge) und einer prognostizierten Reichweite von 256 Kilometern durch das Pillerseetal über den Walchsee auf die A93 in Richtung München. Auf der Autobahn stieg der Verbrauch ab 110 km/h stark an. Bei einem konstanten Tempo von 130 km/h verbrauchte der Mokka-e rund 25 kW/100 km. Dies würde 185 Kilometer Reichweite mit einer kompletten Akkuladung bedeuten. Bei der elektronisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h verbrauchte der E-SUV sogar 37 kW/100 km. Bei dieser Geschwindigkeit reduziert sich die rechnerische Gesamtreichweite auf 125 Kilometer.
SUPERSCHNELLES GLEICHSTROMLADEN NACH ZITTERPARTIE
Im Stadtverkehr von München legten wir rund 50 Kilometer mit einem Verbrauch von 18,3 kW/100 km zurück. Google Maps zeigte bei der Rückfahrt eine Fahrstrecke von 22 Kilometern bis zum Gleichstrom-Schnelllader an der Autobahnraststation Hofoldinger Forst Süd an. Etwas problematisch war, dass die angezeigte Restreichweite gleichzeitig bei nur noch 14 Kilometern lag. Da die Akkuladung jedoch noch 11 Prozent betrug, riskierten wir die Anfahrt ohne Zwischenladung. Bei niedriger Geschwindigkeit auf der Autobahn näherten sich die Werte der restlichen Fahrstrecke und der Restreichweite immer weiter an und so schafften wir es mit drei Prozent Akkuladung zur Ladestation. Bereits zwei Kilometer vor der Ankunft wurde die Restreichweite nicht mehr angezeigt.
Der Opel Mokka-e ist technisch fähig mit Gleichstrom mit maximal 100 kW zu laden. An der 300 kW-Schnellladesäule von EnBW erzielte er eine Ladeleistung von bis zu 96 kW. Diese fiel während des Ladevorgangs stufenweise bis auf 28 kW, was eine normale Ladekurve bedeutete. In 32:16 Minuten waren 36,44 kWh und der Akku zu 80 Prozent geladen und damit der von Opel angegebene Wert von 30 Minuten nahezu erreicht. Aus der prognostizierten Reichweite von 246 Kilometern wurden bei der Fahrt nach Salzburg 184 Kilometer. Während des dreitägigen Tests und den dabei 463 zurückgelegten Kilometern lag der durchschnittliche Verbrauch laut Anzeige bei 18,6 kW/100 km. Bei der nutzbaren Netto-Kapazität des Akkus von 46 kW bedeutete dies eine Durchschnittsreichweite von 247 Kilometer, die dadurch möglich wurde, dass das Autobahntempo nur rund 50 Kilometer über 110 km/h lag.
ARMIN ON BIKE CONCLUSIO
Mit dem Opel Mokka ist dem Autobauer aus Rüsselsheim optisch ein sehr trendiges und in der rein elektrisch angetriebenen Variante auch sehr innovatives Auto gelungen. Die Verarbeitung liegt auf hohem Niveau, einige Ausstattungsdetails hätte ich erst in einer höheren Fahrzeugklasse erwartet. Der Kompaktwagen bietet alles an Komfort, was man sich im täglichen Betrieb wünscht. Der Mokka-e ist auch von der Reichweite her sehr alltagstauglich, lediglich auf der Langstrecke aufgrund der geringen Autobahnreichweite bei höheren Geschwindigkeiten etwas eingeschränkt nutzbar. Der Preis des kleinen E-SUV startet in Österreich bei 34.500 Euro, die getestete, top ausgestattete Version „Ultimate“ liegt bei knapp 42.000 Euro. Davon kann jeweils die Förderung von 5.400 Euro abgezogen werden. Damit ist der Preis des kompakten Stromers zwar keinesfalls ein Schnäppchen, für ein Elektroauto dieser Klasse jedoch angemessen.
Text und Fotos: Armin Hoyer – arminonbike.com
Titelbild: Dagmar Berger