10. Mai 2024 Armin Hoyer

Elektrisch von der Stahlstadt in die Berge | Der neue Volvo EX30 im Test

Volvo EX30 vor den Loferer Steinbergen

Linz | Oberösterreich – Mit dem EX30 wagt sich Volvo in ein neues Fahrzeugsegment. Erstmals wird ein kleiner SUV mit kompakten Abmessungen angeboten. Bis auf die Größe ist der vollelektrische Schwede jedoch unverkennbar ein Volvo, wenn auch mit neuen, modernen Designelementen. Was der kompakte Stromer so alles drauf hat, erfahrt Ihr hier…

Die österreichische Niederlassung des Fahrzeugproduzenten stellte mir den Volvo EX30 für einen ausführlichen Test zwei Wochen lang zur Verfügung. Ich durfte mir den kompakten SUV in der Top-Ausstattung „Ultra“ und der leistungsstärksten Motorisierung mit Allradantrieb bei Automobile Schmidt in Salzburg abholen. Ausgestattet mit 20-Zoll-Rädern im sportlichen 5-Speichen-Design ist der kleine SUV trotz der kompakten Abmessungen eine imposante Erscheinung. Sehr interessant auch die Farbe „Cloud Blue“ – das blasse Blau wirkt je nach Lichteinstrahlung unterschiedlich intensiv. Am besten kommt der Farbton in der Dämmerung oder bei schwachem Licht zur Geltung.

Meine Fahrt führte mich zu Beginn beruflich von Salzburg nach Oberösterreich. Auf der Autobahn hatte ich die erste Gelegenheit, mich an das minimalistische Innenleben des Volvo EX30 zu gewöhnen. Nur ein paar wenige Tasten am Lenkrad und vor mir lediglich ein kleines Sensorfeld, wo sonst Tacho und Drehzahlmesser ihren Platz haben. Alle Informationen, auch die aktuelle Geschwindigkeit, sind nur am zentralen 12,3-Zoll-Display abzulesen. Die meisten Funktionen können nur über den Bildschirm bedient werden – anfangs etwas gewöhnungsbedürftig aber mit der Zeit dann ganz ok.

Nach dem Geschäftstermin stattete ich meiner alten Heimat Linz noch einen Besuch ab. Nachdem ich vorbei am Café Traxlmayr, dem Stammlokal in meiner Jugend, die Promenade entlang gefahren war, bot der in sanftes Abendlicht getauchte Linzer Hauptplatz eine wunderbare Atmosphäre, mir den neuen E-SUV einmal etwas genauer anzusehen.

 

TRENDIGES UND ZUGLEICH VOLVO-TYPISCHES DESIGN

Der Volvo EX30 vereint typischen Linien der schwedischen Marke mit modernen Designelementen. Die geschlossene Front und große Räder in markanten Radkästen verleihen dem kleinen Skandinavier einen bulligen Auftritt. Die einfachen und klaren Linien vermitteln dabei eine gewisse Eleganz. Vorne stechen sofort die LED-Scheinwerfer mit integrierten LED-Tagfahrleuchten im „Thors Hammer“-Design ins Auge. Die LED-Rückleuchten sind zweigeteilt, der obere Teil verläuft, wie man es von Volvo gewohnt ist, seitlich entlang der Heckscheibe. Die Dachlinie, die B-Säule, die rahmenlosen Seitenspiegel und der untere Bereich sind in der Kontrastfarbe Schwarz ausgeführt.

Mittlerweile war die Dämmerung hereingebrochen und ich fuhr über die Nibelungenbrücke hinüber nach Urfahr und dann hinauf auf den Pöstlingberg, den Hausberg der Linzer auf 539 Metern Seehöhe. Unweit von der Pöstlingbergkirche, dem Wahrzeichen von Linz, befindet sich das Pöstlingberg-Schlössl, von dessen Terrasse aus ich zu meinen Linzer Zeiten gerne bei einem guten Glas Wein den Blick über die Stadt schweifen ließ. Erbaut wurde die Gaststätte bereits 1898 als Bergbahnhotel, im selben Jahr nahm auch die beliebte Pöstlingbergbahn ihren Betrieb auf.

DER VOLVO EX30 KLEBT AUF DER STRASSE

Die kurvige Straße hinauf zum Pöstlingberg zeigte erstmals die Qualität des Fahrwerks. Hier ist Volvo EX30 eine optimale Mischung aus Komfort und Agilität gelungen. Vorne arbeiten McPherson-Federbeine mit neuen Stabilisatoren. Die Fünflenker-Konfiguration an der Hinterachse ist speziell auf den Einsatz in Elektrofahrzeugen abgestimmt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Noch zusätzlich von der tief eingebauten Lithium-Ionen-Batterie begünstigt, klebt der kompakte SUV förmlich auf der Straße. Daran konnte auch starker Regen und viel Wasser auf der Straße zu einem späteren Zeitpunkt des Tests nichts ändern. Dank des Allradantriebs zeigte sich die Traktion von den widrigen Verhältnissen vollkommen unbeeindruckt. Das zur jeweiligen Fahrsituation passende Drehmoment wird dabei von den Elektromotoren im optimalen Verhältnis an die Vorder- und Hinterräder übertragen.

Die Allradversion des Volvo EX30 wird von zwei wassergekühlten Permanentmagnet-Synchronmotoren mit einer Systemleistung von 315 kW (428 PS) und einem maximales Drehmoment von 543 Nm angetrieben. In nur 3,6 Sekunden geht es damit von 0 auf 100 km/h. Der Durchzug ist derart kraftvoll, dass ein Überholmanöver im Bedarfsfall zu einem kurzen Hüpfer wird. Der brachiale Vortrieb ist zwar beeindruckend, passt jedoch nicht so ganz zu einem kleinen, umweltfreundlichen SUV.

REDUZIERTES DESIGN AUCH IM INNENRAUM

Gleich beim Einsteigen fällt der sehr reduzierte und hochmoderne Look auf. Volvo bietet für den EX30 vier unterschiedliche Innenausstattungen, die sich in den Farben und teilweise auch Materialien unterscheiden. Passend zur Außenfarbe ist es beim Testfahrzeug der Innenraum „Breeze“. Bei allen Varianten stehen erneuerbare und recycelte Materialen im Vordergrund. Besonders auffällig sind die Dekoreinlagen, denen die eingeschlossenen Partikel der verwendeten Kunststoffabfälle einen einzigartigen Look verleihen.

Die mit blassblauem 3D-Strickstoff bezogenen Sitze fühlen sich angenehm an und sind über ein quadratisches Drehrad an der Seite umfangreich elektrisch verstellbar. Das funktioniert sehr intuitiv und war damit gleichzeitig recht komfortabel. Etwas zu viel des Guten in Bezug auf die Reduktion ist neben dem eingangs erwähnten fehlenden Kombiinstrument die Bedienung der Fensterheber, die mit nur zwei Kippschaltern in der Mittelarmlehne zu steuern sind. Zwischen den vorderen und hinteren Fenstern muss durch Antippen umgeschaltet werden.

Sehr praktisch hingegen ist der großzügige Stauraum zwischen den vorderen Sitzen, der variabel einsetzbar und auch von der hinteren Sitzreihe zugänglich ist. Direkt anschließend an die induktive Ladestation für zwei Smartphones bietet das durchdachte System in der Mittelarmlehne und darunter zahlreiche Fächer und einen Becherhalter.

AKKUKAPAZITÄT FÜR DIE LANGSTRECKE ZU GERING

Nach den ersten 200 Kilometern war der beim Start in Salzburg volle Akku bereits auf 27 Prozent entladen. Das Fahrzeug zeigte für die Fahrt mit einem Mix aus Autobahn, Landstraße und Stadtverkehr einen Verbrauch von 23,5 kWh/100 km an. Den von Volvo angegebenen Verbrauch von 18 kWh/100 km konnte ich in der Praxis nie erreichen. Damit ist auch die angegebene WLTP-Reichweite von 450 Kilometern ein rein theoretischer Wert. Der im Testfahrzeug verbaute größere der beiden für den EX30 verfügbaren Akkus mit einer Kapazität von 69 kWh (64 kWh netto) reichte im Test für rund 280 Kilometer. Das ist für die Langstrecke definitiv zu wenig. Bei erlaubtem Autobahntempo von 130 km/h lag der Durchschnittsverbrauch bei 25 kWh/100 km. Das reduziert die Reichweite dann nochmal zusätzlich. Zuhause in Tirol bin ich im Alltag auf der Landstraße und durch Ortschaften mit 21 kWh/100 km ausgekommen. Bei täglich im Schnitt 50 zurückgelegten Kilometern ist die dabei erzielbare Reichweite von 300 Kilometern mehr als ausreichend.

LADELEISTUNG IN DER PRAXIS TOP

So wurde der erste Ladestopp noch am Abend in Linz fällig. Am kostenpflichtigen Parkplatz beim Südbahnhofmarkt befindet sich ein Hyper Charger der Linz AG mit maximal 225 kW Ladeleistung. Dort beeindruckte mich der EX30 mit einer maximalen Ladeleistung von 157,7 kW – mehr als die Werksangabe. So konnte ich in 25:31 Minuten von 27 auf 80 Prozent SoC aufladen. Nach weiteren 144 Kilometern auf der Autobahn nach Salzburg und auf der Landstraße weiter nach Bad Reichenhall war der Akkustand wieder auf 25 Prozent geschmolzen. Mit der angezeigten Restreichweite von 60 Kilometern traute ich mich nicht ohne Ladestopp die restlichen 45 Kilometer nach Hause ins höhergelegene Tiroler Pillerseetal zu fahren. So musste ich zu später Stunde noch einmal an die Ladesäule. Beim 300 kW-Hyper-Charger von EnBW am Penny-Parkplatz in der Reichenbachstraße ging es aber wieder schnell. Mit maximal 158 kW war der Akku in 24 Minuten wieder bei 80 Prozent und es konnte weitergehen. In Tirol nutzte ich das Schnellladeangebot der Stadtwerke Kitzbühel. Am Parkplatz P7 des Workspace Start.n beim Tennisstadions konnte ich in einer Mittagspause in 55 Minuten den von 37 auf 94 Prozent aufladen. Dabei flossen 41,7 kWh Energie in den Akku.

EIN GANZ BESONDERES GADGET

Vor der Rückgabe des Testfahrzeugs wollte ich noch eines wissen: Funktioniert das automatische Einparken, oder nicht? Laut Volvo erkennt der Park Pilot Assist freie Parklücken und parkt das Fahrzeug automatisch ohne Fremdeingriff ein. Und tatsächlich, als ich am Parkdeck des Europark Salzburg das Feature aktivierte, wurden mir zwei Parkplätze quer zur Fahrbahn angezeigt. Nachdem ich einen davon ausgewählt hatte, übernahm das Fahrzeug Lenkung sowie Antrieb und steuerte zielsicher in die Lücke. Nachfolgendes Video zeigt den erfolgreichen Einparkvorgang aus Fahrersicht.

ARMIN ELECTRIC CONCLUSIO

Der Volvo EX30 ist bereits kurz nach Marktstart ein sehr ausgereiftes Elektroauto mit fortschrittlicher Technologie und hochmodernem, reduziertem Design. Der damit verbundene Entfall von Bedienelementen und Anzeigen macht Nutzung etwas gewöhnungsbedürftig. Für die im Alltag in der Regel zurückgelegten Strecken, ist die Reichweite vollkommen ausreichend. Aufgrund des Verbrauchs in Kombination mit dem relativ kleinen Akku ist der kompakte Schwede für die Langstrecke jedoch nur bedingt empfehlenswert.

Der Volvo EX30 ist in Österreich vor Abzug von Förderungen ab 36.950 Euro erhältlich. Das Basismodell mit Hinterradantrieb ist bereits gut ausgestattet und mit 200 kW/272 PS Leitung vollkommen ausreichend motorisiert. Um anstatt der kleineren 51 kWh-Batterie den sehr empfehlenswerten größeren Akku mit 69 kWh mit an Bord zu haben, werden weitere 5.220 Euro fällig. Immer noch ein Top-Angebot im Vergleich zur Konkurrenz. Das getestete Top-Modell mit Allradantrieb, 315kW/428 PS Systemleistung und der größeren Batterie liegt mit einigen Zusatzausstattungen bei 54.890 Euro. Damit ist der kleine E-SUV zwar kein Schnäppchen mehr, in Anbetracht des Gebotenen aber immer noch ein faires Angebot.

10.05.2024 | Text und Fotos: Armin Hoyer – arminelectric.com

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